Wie SPD-Zürich-Mitglieder während der Pandemie arbeiten

Foto von Yasmina H auf Unsplash

Die Corona-Pandemie hat viele Bereiche unseres Lebens komplett umgekrempelt. Als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sind wir immer besonders aufmerksam, wenn es um das Arbeitsleben geht. Pünktlich vor der Jährung der ersten Lockdownmassnahmen in der Schweiz fassen einige unserer Mitglieder daher ihre Erfahrungen zusammen.

Jutta Strehlow

Bei mir hat sich im Coronajahr vieles geändert. Ich war in der Vergangenheit mehrmals monatlich in ganz Europa geschäftlich unterwegs. Jetzt bin ich seit März im Home Office (was technisch gut geht, da ich ein getrenntes kleines Büro habe) und meine Branche macht eine Krise nie dagewesenen Ausmaßes durch. Ich habe im März eine Leitungsfunktion für ein auf vier Länder verteiltes Team übernommen und wurde dann sofort in die Krise gestürzt, mit völlig neuartigen krisenbedingten fachlichen Herausforderungen, Kurzarbeit und einer Umstrukturierung.
Es fällt ohnehin schwer, ein Team in einer solchen Situation zu unterstützen und zu motivieren, aber wenn man niemanden persönlich sehen kann ist das noch schwieriger. Wir versuchen uns mit virtuellen Mitteln abzuhelfen (virtueller Morgenkaffee, virtuelle Apéros, etc.), aber es ist nicht das Gleiche und mittlerweile leiden wir alle unter „Zoom Fatigue“.

Maurice Thaidigsmann

Corona hat mich voll im Berufseinstieg getroffen. Ich hatte bis im Mai einen Job, den ich aber aus verschiedenen Gründen aufgeben musste. Mir war bewusst, dass das während der Pandemie und als Berufseinsteiger ein großes Risiko darstellt.
Meine Probleme, den richtigen Job zu finden, möchte ich aber nicht auf die Pandemie schieben. Denn in meinem Bereich, der Politikberatung und politischen Arbeit, gibt es derzeit unzählige Jobs. Und auch an Nebenjobs und vorübergehenden Arbeiten hat es mir nicht gemangelt, sodass ich trotz Pandemie nicht in finanzielle Schwierigkeiten geraten bin – als Schwabe ist man aber eh sparsam. Ich habe zum Beispiel im Sommer als Projektmitarbeiter eine Konferenz mit über 400 TeilnehmerInnen mitorganisiert – dank umfassendem Hygienekonzept und erheblichem Mehraufwand war das auch in der Pandemie möglich, aber brachte natürlich besondere Herausforderungen mit sich.
Seit kurzem bin ich ein Stück näher am „Traumjob“ – und durfte eine weitere Spezialsituation der Pandemiezeit kennenlernen: Ich habe einen HomeOffice-Job als Berater in einer jungen Unternehmensberatung in Stuttgart gefunden, dank dem ich Geld verdienen, Erfahrung sammeln und trotzdem vorerst weiter in Zürich wohnen kann. So einen Fall haben die Mitarbeiter im Call Center der deutschen und schweizerischen Krankenversicherungen auch selten – aufgrund von Corona aber wohl jetzt häufiger.

Valerie Hase

Die Corona-Krise war sicher eine schwierige Zeit. Ich hatte das Privileg, nicht durch Kinderbetreuung oder Pflege von Angehörigen doppelt belastet zu sein und mich so voll auf meine Arbeit konzentrieren zu können. Als Doktorandin konnte ich so frei von üblichem Zeitdruck durch Meetings oder Termine sehr vertieft und intensiv an meinen Projekten arbeiten, was ich – zumindest meist – auch als Vorteil wahrgenommen haben. Viele Dinge, wie Meetings oder Online-Lehre die zuvor scheinbar nur vor Ort klappen konnten, liessen sich recht leicht auf Online-Formate umstellen – und ich habe gemerkt, dass es nicht jedes Meeting wirklich braucht. Allerdings weiss ich, dass ich damit zu den wenigen Menschen gehöre, die auch positive Aspekte der Krise erleben konnten. Gleichzeitig habe auch ich gemerkt, dass die fehlende Trennung von Arbeit und Privatleben durch 24/7 Home Office an vielen Stellen schwierig ist: Der Computer ist immer erreichbar, Wochentage und Wochenende gehen durch immer gleiche Rhythmen ineinander über und durch eingeschränkte Sozialkontakte bietet sich wenig Abwechslung. Das verleitet zumindest mich dazu, zu viel zu arbeiten und das Home Office mit dem Schliessen der Tür zum Arbeitszimmer nur bedingt beenden zu können – denn der Arbeitsplatz ist nur wenige Meter entfernt und jeder Tag irgendwie gleich. Und schliesslich fehlt es manchmal schlichtweg am sozialen Austausch zwischendurch – denn Zoom ersetzt dann eben doch nicht die Kaffeeküche.

Hans Berner

Ich bin wegen der Grosselternregel freiwillig in den Lockout gegangen und warte auf die Impfung, bis ich wieder aktiv als Kinderarzt arbeiten kann.

Daniel Bogado Duffner

Wir hatten Anfang des Jahres gerade ein grosses Projekt gestartet, auf das ich mich ausserordentlich gefreut hatte, als COVID uns alle mit voller Wucht traf und die Luftfahrtindustrie damit mitunter am härtesten. Während Freunde von mir, die im medizinischen Bereich tätig sind, von langen und anstrengenden Tagen im Spital erzählten, wechselte ich bereits Mitte März in die Kurzarbeit. Abrupt ging es von gefühlt 120% auf zuerst 60% und kurz darauf noch 10% meines ursprünglichen Arbeitspensums. Als Büroangestellter in einer Airline ging es anders als in anderen Branchen nicht darum, dass es keine Arbeit mehr gäbe. Gerade jetzt hätte es unzählige Ideen gegeben wie man auf diese Krise hätte reagieren können. Um jedoch das Überleben des Unternehmens zu sichern wurden alle nicht essentiellen Projekte gestoppt. Das erste mal in meinem Leben war es mir nicht erlaubt "mehr" zu arbeiten; ein völlig befremdliches Gefühl. Nachdem im Sommer etwas Hoffnung auf Besserung bestand und ich auch wieder mehr arbeitete, ging es im Herbst dann wieder in die andere Richtung. Während für viele von uns COVID vor allem Home Office bedeutet hat, bedeutete COVID für mich also vor allem Kurzarbeit. Dadurch, dass mein Studierendenleben noch nicht allzu weit zurückliegt, fiel es mir aber leicht entweder meine Freizeit zu füllen oder die Zeit für Weiterbildungen zu nutzen. Ich bin ich also definitiv privilegiert in dieser Situation und mache mir nicht ernsthaft Sorgen um meine Zukunft.
Für meine Arbeit ist diese Krise aber in vielen Aspekten ein Jammer. Viele Innovationen, die die Luftfahrt für die Zukunft hätten klimafreundlicher und kundenfreundlicher machen können, mussten aufgeschoben werden oder werden eventuell gar nicht realisiert werden können. Natürlich ist Corona und der praktische Stillstand der Luftfahrt gerade unter dem Klima Aspekt ein Segen, allerdings wird auf der Mittel- und Langstrecke noch für längere Zeit die Luftfahrt die einzige valable Möglichkeit sein, um den Reisehunger zu stillen und globalisierte Familien und Freundschaften zu ermöglichen. Und auch wenn das Klima durch Corona vielleicht eine 1-2 jährige Pause von der Luftfahrt erhält, werden sich wirksame Klimamassnahmen durch die hohen Schuldenberge um sicher 4-5 Jahre verschieben und damit die Klimawirkung auch in der Luftfahrt vermutlich beinahe ausgleichen, wenn nicht sogar noch mehr schaden.

Renate Rutishauser

Ich bin Psychiatriepflegefachfrau. Tätig bin ich seit zwei Jahren aber nicht mehr unmittelbar im Beruf, sondern als geschäftsführende Präsidentin des Pflegeberufsverbands SBK, Sektion Graubünden. Zudem bin ich Grossrätin (Kantonsrätin) und seit letztem August Präsidentin der kantonalen Gesundheitskommission.
Im Büro des SBK sind alternierend die Sekretärin und ich im Einsatz. Einen Grossteil meiner Arbeit habe ich bereits vor der Pandemie im Homeoffice, aber auch in Spitälern und Heimen, im Austausch mit Mitgliedern, Behörden und Sozialpartnern verbracht.
Die Pandemie hat dazu geführt, dass noch mehr Arbeit über meinen Laptop und übers Telefon gelaufen ist. Als die Pandemie ihre Schatten voraus warf, riefen wir unsere Mitglieder dazu auf, sich bei zusätzlichen Kapazitäten zu melden. Bereits anderntags sprach der Kanton für alle Personen mit einer Ausbildung im Gesundheitsbereich eine Registrierungspflicht aus. Dies führte zu Verunsicherung und Ängsten, aber auch zu grosser Hilfsbereitschaft bei den Pflegefachpersonen und entsprechend hohem Beratungsbedarf durch den Berufsverband. Hingegen wurde die Möglichkeit der Besuche in den Institutionen stark begrenzt. Daneben waren während des Lockdowns im Frühling die Schulen und Universitäten geschlossen, worauf die Vorlesungen meiner Söhne in unserem Wohnzimmer stattfanden, mit damit verbundener Erwartung regelmässiger Mahlzeiten und frischer Wäsche.
Die Aprilsession des Grossen Rats entfiel, erst im Mai kam die Gesundheitskommission, im Juni das Parlament, zusammen, um die Covid- Notverordnungen der Regierung zu genehmigen.
Die Arbeit des Berufsverbands und diejenige in der Gesundheitskommission ergänzen sich sehr gut, so dass ich die Situation der Pflege sehr politisch gezielt unterstützen kann und mit den Entscheidungsträgern im unmittelbaren Kontakt stehe. Ab der kommenden Woche werde ich zudem auf der Covidstation der Psychiatrischen Dienste aushelfen, denn auch dort, wie praktisch überall, ist der Pflegenotstand deutlich spürbar, gerade in der aktuellen Krise.
Ich hoffe sehr, dass sich doch ein Bewusstsein für die Bedeutung unseres Berufs entwickelt und dass die in der Pflegeinitiative formulierten Forderungen bei der sehr wahrscheinlichen Abstimmung im nächsten Jahr von der Bevölkerung unterstützt werden.
Grundsätzlich kann ich nicht sagen, ob sich meine Arbeit nun zum Positiven oder Negativen verändert hat. Als positiv kann eine Pandemie kaum bezeichnet werden, hat sie doch vor allem viele Opfer gefordert, viel Leid über viele Menschen gebracht, und auch Existenzen zerstört. Und noch können wir nicht absehen, welche Folgen sie noch haben wird.
Worüber ich aber dennoch dankbar bin: die Sichtbarkeit, die unser Beruf erhalten hat, das grosse öffentliche Interesse, die Berichterstattung in den Medien, die Gelegenheit, in diesen Stellung beziehen und Anliegen formulieren zu können.

 

Zusammengestellt von Hermann Blum und Michael Lindner

1 comment on “Wie SPD-Zürich-Mitglieder während der Pandemie arbeiten

  1. Hallo Jutta u.a. Genos*,
    toll,dass es auch in Zürich unsere SPD gibt!
    Wir sollten mal beizeiten ein echtes Treffen mit der AGS machen!
    Viele Grüße aus Rhein Main!
    Dieter

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